Haus Delcourt
Haus Delcourt in Croix bei Lille, Frankreich, 1966-69
Der Bauherr Marcel Delcourt, Mittvierzigjähriger und Direktor eines Versandhandels, kannte von Richard Neutra die Häuser der Siedlung in Walldorf und zwei Villen in der Schweiz. Die einen erschienen ihm „unzureichend“, die anderen „zu luxuriös“. Sein primärer Wunsch war „ein Haus, in dem er seine Privatsphäre wahren könne“ (so in seinem Brief an Neutras Schweizer Bauleiter Honegger vom 28.10.1966). Auch sollte das Traumhaus nicht zu teuer werden, obschon 7 Kinder samt Modelleisenbahn untergebracht werden sollten. Auf die Casa Tuia wird seitens der Bauherren in der späteren Planungsphase immer wieder verwiesen.
Auf einem weitläufigen innerstädtischen Grundstück mit vorhandenem Baumbestand wurde ein zweigeschossiges Gebäude mit rechtwinklig vorgelagertem eingeschossigem Trakt für die Bediensteten gebaut. Durch Positionierung im Norden des Grundstücks und die Geschossigkeit konnten angrenzende Nachbarhäuser verdeckt und für die stark verglaste Gartenseite Privatsphäre kreiert werden. Zudem war der Bau so nach dem Auszug der Kinder besser umnutzbar als ein alternativ angedachter eingeschossiger Baukörper.
Die Ausführung erfolgte aus Kostengründen in weiß gestrichenem Backstein, ähnlich einem Teil der Siedlungshäuser von Walldorf. Von Nordosten her erschlossen, war das Erdgeschoss dem Wohnen, dem Essen, dem Arbeiten und dem Elternbereich vorbehalten, das Obergeschoss den Kindern mit 3 Einzel- und 2 Doppelzimmern und einem gemeinsamen Flurbereich zum Spielen und Lernen. Das Obergeschoss ist als Staffelgeschoss ausgeführt und bietet 2 Terrassenbereiche nebst jeweiligem angrenzendem reflecting pool. Optisch prägend zur Gartenseite ist die horizontale Schichtung des Hauses mit den auskragenden und weiß gestrichenen Dachüberhängen. Über deren Tiefe hinsichtlich Verschattung und Privatsphäre ebenso wie über Statik und spiderlegs wurde in der Planungszeit intensiv diskutiert.
Einerseits verbildlichen fließender Grundriss und Außenraumbezug der Glasfassaden über Spiegel und reflecting pools im regenreicheren Norden Frankreichs eine „kalifornische Architektur“. Gleichzeitig prägen regionale Baumaterialien wie der Fußboden aus Artois-Sandstein oder der Ziegelstein aus Hem am Kamin und einer Wand im Eingangsbereich die Gestaltung .
Anfang 1969 zog die Familie in das Haus ein. Marcel Delcourt, der als emphatischer Unternehmerchef von den Mitarbeitern charakterisiert wurde, starb 2016 im Alter von 93 Jahren. Das Haus ist nach einem Besitzerwechsel weiterhin im Originalzustand erhalten. Neben einem weiteren bedeutenden Wohnhaus, der Villa Cavrois von Robert Mallet Stevens von 1929-32, ist es seit 2000 eines der nationalen historischen Monumente, die sich in Croix befinden.
Adresse
18, Avenue du Général de Gaulle in F- 59170 Croix
GoogleMaps Koordinaten: 50.67881264978565, 3.157630898787047
Kurzbeschreibung
Wohnfläche 370 m²
Grundstücksfläche 7.300 m² (eben mit leicht erhöhter Zufahrt)
Veröffentlichung