Mörfelden-Walldorf und Quickborn
Neutra Siedlungen Mörfelden-Walldorf und Quickborn, 1960-64
Anfang der 1960er Jahre entwickelte der Hamburger Projekträger Bewobau Pläne für umfangreiche Einfamilienhaus-Siedlungen auf der Marienhöhe in Quickborn (nördlich von Hamburg), im Walldorfer Oberwald (nahe Frankfurt) sowie etwas später auf dem Gelände des Schlossen Hohenbuchau in Georgenborn (bei Wiesbaden). Zunächst angelegt auf 358 (Walldorf) bzw. 190 Häuser (Quickborn) wurde in den Jahren 1963 – 1964 letztlich jeweilig der erste Bauabschnitt mit 42 (W.) bzw. 67( Q.) Bauten nach seinen Entwürfen realisiert.
Die weiteren Bauabschnitte beider Siedlungen basieren auf den jeweiligen städtebaulichen Konzeptionen Neutras, wurden jedoch nach Eigenentwürfen der Bewobau realisiert.
Die Mitte der 1960er Jahre entwickelte Siedlung Hohenbuchau in Georgenborn (bei Wiesbaden) wurde städtebaulich umgesetzt, es wurden jedoch keine Originalbauten Neutras realisiert.
Die Neutra-Siedlungen in Quickborn und Walldorf stellen innerhalb der europäischen Nachkriegsmoderne einzigartige Zeugnisse einer jeweils städtebaulich und architektonisch durchgängig konzipierten Wohnanlage dar.
Es wurden je acht Bungalow-Typen und ein zweigeschossiger Typ realisiert. Unter Verweis auf den zeitgleich in Bonn entstandenen „Kanzlerbungalow“ des Architekten Sep Ruf verkörpert diese Bauform das Selbstbewusstsein einer jungen, modernen Bundesrepublik.
Großformatige Verglasungen und Fensterbänder sorgen für viel Helligkeit und engen Kontakt mit der umgebenden Natur. Flache Wasserbecken in den Gärten werfen Lichtreflexe in den Innenraum und spiegeln gleichzeitig den Blick nach außen. Stufenlose Übergänge von Fußböden und Terrassen, auskragende Dachflächen, Verschattungselemente und das berühmte „Spider Leg“ verzahnen Bauwerk und umgebende Natur, wobei die Grenzen zwischen Innen und Außen scheinbar verschmelzen.
Die neun Bautypen wurden teils zu Doppelhäusern kombiniert, teils alleinstehend geplant. Damit ergaben sich vielfältige räumliche Differenzierungen bei gleichzeitiger typisierter Fertigung. Die Häuser stehen auf Grundstücken von ca. 600 -1.400 m². Die Zugänge liegen an schmalen Stichstraßen, die als öffentliche Wege bewusst schmal geplant wurden, so dass Autos nicht darauf parken können; sie bleiben frei für Blicke und das Spiel von Kindern. Die Vorgärten der Häuser sind darauf bezogen als niedrig bepflanzte, halbprivate Gärten konzipiert (jedoch heute vielfach mit hohen Hecken verstellt), die an den Eingängen eine einladende Atmosphäre schaffen. Die Wohnräume aller Häuser sind nach Südwesten ausgerichtet, während Nebenräume nach Nordosten liegen; zusammen mit den nach Süden gerichteten Dachüberstanden entspricht eine solche Anordnung aktuellen Standards für energiebewusstes Bauen.
Neutra erarbeitete für jeden der Haustypen beispielhafte Entwürfe für eine mögliche Außenraumgestaltung mit Terrassen, Rasenflächen, Wasserbecken, Sichtschutzzäunen, Bänken und Pflanzungen. Mit der Detaillierung dieser Ideen für beide Siedlungen wurde von der Bewobau der Hamburger Garten- und Landschaftsplaner Gustav Lüttge (1909-1968) beauftragt. So fanden an beiden Standorten die gleichen Plattenbeläge der Terrassen, Zaunelemente, Mauerscheiben sowie Pflanzenvorschlagslisten Verwendung.
Die Walldorfer Siedlung steht seit 1992 unter Ensembleschutz, zwölf der Bauten wiederum sind als Einzelkulturdenkmale in die Denkmalliste des Landes Hessen eingetragen.
Im Jahre 2005 wurden alle 67 Bauten und Gartenflächen der Quickborner Neutra-Siedlung als Einzelkulturdenkmale in die Denkmalliste des Landes Schleswig-Holstein eingetragen.
Adresse
Walldorf:
Richard-Neutra-Straße, Amselweg, Finkenweg, Meisenweg, Drosselweg, Fasanenweg, Am Oberwald;
GoogleMaps Koordinaten: 50.00092919777486, 8.5873779995532
Quickborn:
Marienhöhe
GoogleMaps Koordinaten: 53.72566679808977, 9.902609045724356
Kurzbeschreibung
Wohnflächen Typ C 160 m², Typ D 118 m², Typ E 123 m², Typ G 109 m², Typ H 129 m², Typ I 139 m², Typ N 124 m², Typ O 143 m², Typ P 97 m²
Grundstücksflächen ca. 600 m² (eben)
Veröffentlichung
